Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muss so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudern. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen, aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, dass der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.

(Walter Benjamin: Über den Begriff der Geschichte, IX. Gesammelte Schriften Band I-2; Abhandlungen, S.697. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1991)

Der Zustand der Welt

Die These IX aus Walter Benjamins „Über den Begriff der Geschichte“ ist eine der bekanntesten Passagen aus seinem Werk überhaupt. Die Tatsache, dass sie erst posthum erschien, und wohl aus einem der letzte

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